Nachgefragt. Wenn Teilnehmer Tacheles reden.
Wenn die Scharlatan – Academy für neues Lernen mit Theatermethoden im Einsatz ist, werden die Resultate von den Unternehmen hoch gelobt. Aber wie erleben die Teilnehmer selbst diese ungewöhnliche Methode? Sind sie von Anfang an begeistert und wie entwickeln sie sich im Prozess bis zum glorreichen Ergebnis?
Monika Junkers, Projektleiterin der Scharlatan Academy hat nachgefragt. Sie sprach mit der Ausbildungsleiterin und drei Auszubildenden der Handelsgesellschaft für Baustoffe Hagebau, die mit 40 anderen Auszubildenden mit Scharlatan ein Theaterstück für die Gesellschafterveranstaltung einstudierten – mit Theater, Tanz und Gesang. Ziel war es, den Personalnachwuchs zu unterstützen, Ängste und Hemmungen zu überwinden, über sich selbst hinauszuwachsen, um sich zukünftig sicher neuen Herausforderungen zu stellen und als Teamplayer Verantwortung zu übernehmen.
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»Das wird nichts!«
Was war der erste Gedanke, als ihr erfahren habt, dass ihr an einem Theaterprojekt für Eure Gesellschafterversammlung teilnehmen werdet?
Jule: Ich war erst mal ganz schön schockiert, muss ich sagen. Ich wusste, was das für eine große Veranstaltung ist, und was für Erwartungen damit verbunden sind. In den Vorjahren waren teilweise auch Promis da, die natürlich viele kannten. Und da sind die Erwartungen dann schon hoch. Die Gesellschafter, also unsere Chefs, will man ja nicht enttäuschen. (…) Ich war am Anfang schockiert, aber als wir dann so viel Unterstützung bekommen haben, habe ich mir gedacht, irgendwie wird das schon laufen. Und: Das kriegen wir bestimmt irgendwie hin.
Marco: Ich war unsicher, ob das alles so klappt, wie die Trainer sich das vorgestellt haben. Es wurde gesagt, dass es (das Stück) dann auf der Gesellschafterveranstaltung vorgeführt werden soll, und das ist die wichtigste Veranstaltung im Jahr der Hagebau! Ich war mir nicht sicher, ob das so klappen würde. Wir haben ja keinen besonders kreativen Beruf, das ist Büroarbeit, und nichts mit auf der Bühne oder mit Text auswendig lernen.
Johanna: Ich war direkt begeistert. Ich war überhaupt nicht schockiert und ich habe mir gar keine Sorgen gemacht. Ich habe das eigentlich nur als Chance empfunden (…). Mir war auch bewusst, dass die Wenigsten schon mal die Möglichkeit gehabt haben, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Darum habe ich mich direkt geehrt gefühlt.
Nicole, von der Auftraggeberseite her – Was konntet ihr anfangs von außen beobachten?
Nicole: Also das muss man ganz ehrlich sagen: Am Anfang, als alle zusammen kamen und sich vorgestellt haben, da gab es ein großes Raunen und Staunen im Saal und dann ein kurzes Getuschel: Oh Gott, kannst du dir das vorstellen? Was sollen wir denn bloß machen? Ich auf die Bühne? Ich bin doch kein Schauspieler… Das war so spannend, die unterschiedlichen Reaktionen zu beobachten: die einen sagten: Klar, ich stripp da, warum nicht? Andere konnten es sich gar nicht vorstellen. Und als dann die ersten Treffen hier bei uns stattgefunden haben für die ersten Tanzeinheiten, haben wir selbst gedacht, das ist hier alles Kraut und Rüben, das wird nichts! Und wir haben uns gefragt, wie soll das jetzt in den nächsten zwei Monaten geradegerückt werden?
»Erst mal aus sich herauszukommen, ist echt ein Erlebnis«
Du hast es gerade angesprochen: Es gab auch Tanzeinheiten. Welche Rolle habt ihr gespielt und welche Schwierigkeiten gab es? Du hast Ballett getanzt, Marco, oder?
Marco: Versucht zumindest (lacht). Die Grundidee war, dass wir zwei Lager haben: die Zukunft und die Tradition. Ich war »der Besserwisser« in der Gruppe Tradition. Und da musste ich auch Ballett tanzen. Mit Jule und mit noch einer Auszubildenden. Das Tanzen war schon ein bisschen sehr ungewohnt, weil das ja nicht mein Hobby ist. Und dann mussten wir das bei den Proben auch vorführen, einmal auch als der Vorsitzende der Geschäftsführung da war: Da standen wir dann mit drei Leuten vor den ganzen Azubis, unserer Ausbildungsleitung und dem Geschäftsführer. Das war schon nichts Alltägliches.
Jule: Jeder hatte einen Charakter, der ihm zugeordnet wurde. Ich war »die Business-Frau«. Ich muss sagen, wir waren alle recht gut aufgeteilt. Es gab jetzt nicht eine Hauptrolle und alle anderen haben so gut wie gar nichts gesagt. Jeder hatte seinen kleinen Anteil, den er leisten musste. Und da war ich die Strukturierte, und wie so eine Business-Frau eben so ist, oder sein sollte.
Es gab ein paar Situationen, wo ich die Gesellschafter direkt ansprechen musste, das war dann erst mal eine kleine Überwindung, da dann wirklich auf sie zuzugehen.
Außerdem musste ich noch mit Marco Ballett tanzen. Am Anfang dachte man sich schon: Wie sieht das denn überhaupt aus? Aber am Ende hat es dann wirklich Spaß gemacht, das dann auch vorzuführen und mal in eine andere Rolle zu schlüpfen.
Johanna: Ich war wie Marco und Julia auch in der Traditionsgruppe und
meine Charakterrolle hieß Tina. Ich war eine energische Frau und hatte die Aufgabe, die Gruppe ein bisschen auf Zack zuhalten. Es sollte weitergehen, sollte vorankommen, ich wollte immer kleine Ziele erreichen und meine Gruppe dahin bringen, diese Ziele erreichen zu können.
»Wir wurden nach und nach, langsam aber sicher an die Schauspielerei herangeführt.«
Wie haben die Trainer von Scharlatan Euch an das Projekt herangeführt?
Jule: Die ersten Male fanden wir das ehrlich gesagt ein bisschen komisch, weil wir so Übungen gemacht haben, wo man locker wird – Auflockerungsübungen. So etwas kennt man ja aus dem Büroalltag gar nicht. Und da denkt man dann: Mach‘ ich mich jetzt hier zum Deppen?
Da waren wir in Hamburg im Scharlatan Theater. Wir mussten zum Beispiel im Kreis etwas weitergeben, ein Geräusch oder eine Mimik. Da kamen wir uns echt komisch vor. Aber als jeder das dann so übertrieben gemacht hat, war das dann umso lustiger.
Haben diese Übungen etwas bewirkt? Wie war die Stimmung danach?
Jule: Die Stimmung war dann wirklich locker, weil vorher jeder aufgeregt war, und nicht wusste, was er machen sollte und diese Übungen haben die Stimmung aufgehellt, aufgelockert. Danach hat es auch viel gebracht, weil man mit der Mimik und Gestik beim Schauspielern ganz anders umgegangen ist.
Erst mal aus sich herauszukommen, ist echt ein Erlebnis. Wir wurden nach und nach, langsam aber sicher an die Schauspielerei herangeführt.
Hat euch die Erfahrung, Schauspielunterricht haben zu können etwas gegeben? Also einmal die Komfortzone zu verlassen und Dinge zu machen, die man sonst nie tut? Was macht das mit einem?
Jule: Ich muss sagen, dass ich am Anfang echt Hemmungen hatte, vor anderen Leuten aus mir herauszukommen. Das waren ja wirklich Rollen, wie man persönlich gar nicht ist. Und da habe ich gemerkt, dass es immer einfacher wurde, vor anderen Leuten aus sich herauszukommen, und dann noch ein bisschen doller mit Mimik und Gestik umzugehen. Man verliert die Hemmungen mit der Zeit.
Johanna: Aus der eigenen Person herauszukommen fand ich tatsächlich auch schwierig. Wir sind ja keine Schauspieler, sonst würden wir nicht hier sitzen. Und ein Coaching anzunehmen, das die eigene Rolle verändert ist schwer. Man hat ja eine eigene Art und eine Art, wie man redet und in einer Situation reagieren würde. Und wenn dann einer der Coaches sagt: »Sprich das mal ganz anders aus, geh da mal mit einer ganz anderen Sichtweise heran«, dann fand ich das sehr schwierig, die eigene Art so um zu werfen und eine Rolle ganz anders darzustellen, weil wir das ja tatsächlich noch nie gemacht haben.
Und wie war es letztendlich auf der Bühne zu stehen, vor so vielen Menschen? Und wie wurde es aufgenommen?
Marco: Mir hat das sehr viel Spaß gemacht. Den Text habe ich auch behalten zum Glück! Und das Publikum, also die Gesellschafter, fanden das auch gut. Die Geschäftsführer kamen nachher noch auf die Bühne und haben sich bei uns bedankt, dass das alles so toll geklappt hat.
Und auch später wurde einem das im Unternehmen auch immer wieder gesagt, dass das super war und wie toll das alles war. Also das war schon durchweg positives Feedback.
Jule: Man war natürlich aufgeregt. Ich habe mir vorher den Text immer wieder aufgesagt, damit ich ihn nicht vergesse. Aber es hat dann wirklich alles gut geklappt. Und wenn man so lange dafür gearbeitet hat, dann hat es auch richtig Spaß gemacht, dass dann auch mal vorzuführen und den Applaus dafür zu bekommen. Wir haben sehr viel Feedback bekommen – auch von den Gesellschaftern. Die waren alle sehr überrascht, weil sie ja bisher nur die Promis kannten, und auf einmal standen da die Azubis aus der Zentrale.
Johanna: Das war für mich der besondere Moment: auf der Bühne zu stehen. Nach dieser monatelangen Übung, nach der Gespanntheit, was wird daraus, wie wird das, können wir die Erwartungen erfüllen und so weiter. Als dann alles zu Ende war und die Anspannung abgefallen ist und das Publikum stark applaudiert hat und man dann einen schönen Abend vor sich hatte und eine schöne gemeinsame Zeit hinter sich hatte – das war ein sehr schöner Moment.
»Man bekommt ein Bewusstsein dafür, wie man wirkt und wie man wirken kann. Was man für Möglichkeiten hat mit seiner Aussprache und seinem Auftreten, was man damit bewirken kann und wie man das selbst beeinflussen kann.«
Könnt ihr sagen, dass ihr für euch persönlich und für euren Arbeitsalltag etwas gewonnen habt durch dieses Projekt?
Marco: Selbstsicherheit, Selbstbewusstsein. Dadurch, dass man dann vor 700 bis 800 Leuten stand, die man bis zu dem Zeitpunkt und zum großen Teil auch jetzt noch nicht kennt oder kannte, und da so ein Theaterstück vorgeführt hat, das hat sehr viel Selbstbewusstsein gegeben. Und die Arbeit an den Rollen und dem Tanzen, das hat definitiv Selbstsicherheit gegeben.
Johanna: Man hat spielerisch den Gruppen-Zusammenhalt gelernt. Und man hat spielerisch andere Verbindungen zum Unternehmen bekommen.
Ich habe auch viele Kontakte geknüpft. Durch das Projekt ist man in dem Azubi- Studentenkreis so ganz anders aufgegangen. Die Studenten sind in der Regel jetzt nicht gleichwertig mit den Auszubildenden involviert, hier waren wir zusammen, das fand ich super cool. Und generell: die Erfahrung vor vielen fremden Leuten zu schauspielern und in eine neue Rolle zu schlüpfen, tatsächlich eine ganz andere Persönlichkeit einzunehmen, das fand ich schon eine große Herausforderung.
Hast du das Gefühl, das hat dein Verhaltensrepertoire geändert?
Johanna: »Man bekommt ein Bewusstsein dafür, wie man wirkt und wie man wirken kann. Was man für Möglichkeiten hat, mit seiner Aussprache und seinem Auftreten, was man damit bewirken kann und wie man das selbst beeinflussen kann.«
»Mir ist das Herz aufgegangen! Es war einfach brillant!«
Nicole, wie ging es dir letztendlich, als die BA-ler und die Azubis auf der Bühne performt haben und so viel Applaus dafür bekommen haben?
Nicole: Mir ist das Herz aufgegangen. Also wirklich, man war schon sehr sehr stolz, als man gesehen hat, wie die Entwicklung vorangegangen ist, am Anfang jeder so für sich, wie kann ich was machen, wie krieg ich das hin. Und am Ende ist eine ganz große Sache draus geworden.
Es war einfach brillant! Wie alle auf der Bühne zusammen getanzt haben, zusammen harmoniert haben, wie alle als Gruppe funktioniert haben. Jeder hat nach rechts und nach links geguckt: Was passiert da neben mir. Jeder hat auf den andern geachtet, bloß kein Auftritt verpassen, los dein Auftritt, hast du deine Utensilien und so weiter.
Es war eine echte Harmonie der Gruppe. Man hat gesehen, wie die Gruppe zusammengewachsen und wie jeder einzelne an dem Projekt gewachsen ist.
Und als man dann ins Publikum geguckt hat, war da einfach ein Glänzen in den Augen der Zuschauer. Das war fantastisch.
Das hört sich toll an! Würdet ihr so eine Erfahrung anderen Azubis wünschen?
Johanna: Ja, definitiv.
Marco: Auf jeden Fall.
Jule: Unbedingt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führten Monika Junkers und Sandra Kollmann bei Hagebau in Soltau
Azubis der Hagbau im Interview
Marco: »Ich bin Marco Lenz, 19 Jahre alt, Ich komme hier auch aus der Gegend von Soltau. Ich mache die Ausbildung zum Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel. Ich bin jetzt im zweiten Lehrgang.«
Jule: »Mein Name ist Jule Michalowski. Ich bin jetzt 20 Jahre alt und mache meine Ausbildung Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel. Ich bin im dritten Lehrjahr und in einem halben Jahr bin ich dann auch schon fertig mit der Ausbildung. Und dann werde ich in der Personalabteilung übernommen.
Johanna: »Ich bin Johanna Fach. Ich bin 19 Jahre alt und ich habe im letzten Jahr ein duales Studium in Richtung BWL angefangen. Ich verbringe meine Praxiszeit hier bei der Hagelbau in Soltau.«
Möchten Sie mehr über den Einsatz unserer Lösungen für Teambuilding erfahren?
Gerne überlegen wir mit Ihnen gemeinsam, wie wir für Sie und Ihre Herausforderungen die Werkzeuge und Erfahrung des Theaters einsetzen können.
Ihr Kontakt: Monika Junkers, Email: monika.junkers@scharlatan.de, Tel: 040 / 23 71 03 – 42